Reisebericht: Rila, Kastro

Gespeichert von jezour am Mi., 11.09.2019 - 16:39

Reisebericht von Josef Ježek zum Naturformen-Eintrag S. ciliosum from Rila, O, Krasto

In diesem Reisebericht verlassen wir das Gebirge Pirin und verschieben uns in Richtung Norden. In diesem Reisebericht stelle ich einen Naturstandort aus dem westlichen Rand des Gebirges Rila vor. Viele Besucher kommen in das Rila Gebirge von Westen – der Grund ist ziemlich einfach, im Westen des Gebirges gibt es das Tal der Flußes Rila, in dem sich das berühmte Rila Kloster befindet.
Am westlichen Rand des Gebirges Rila liegt ein Städtchen mit dem Namen Rila, bei diesem Städtchen fängt das Rila Tal an, durch dieses Tal führt auch eine Straße, die über dem Rila Kloster am Ort mit dem Namen Kirilova Poljana endet. Etwa 800 Meter östlich von dem Städtchen Rila kreuzt die Straße den Fluß Rila und es gibt eine Brücke da, bei dieser Brücke mündet auch ein kleines Tal in das Tal des Flußes Rila. Gerade da, über der Mündung des kleines Tales ins Rila Tal, habe ich einen Naturstandort von Sempervivum ciliosum gefunden. Der Naturstandort liegt in der Höhe von 600 Meter, das Gestein wird wahrscheinlich durch Andesit gebildet. Leider bin ich kein Geologe, meine Bestimmung von Gestein ist also sicher nicht genau.
Die Rosetten von Sempervivum ciliosum wachsen am Naturstandort an den südlich orientierten Orten, die Rosetten wachsen an den Felsen, an den großen Steinen und auch in der Nähe der großen Steine. Am Naturstandort habe ich eine riesengroße Menge der Rosetten aller Größen beobachtet, die Rosetten wachsen da vor allem in den großen oder in den kleinen Gruppen. In der Zeit meines Besuches waren die Rosetten kompakt und bewimpert, die äußeren Rosettenblätter waren lila oder dunkel rot gefärbt, die restlichen Rosettenblätter waren grün gefärbt. Viele Rosetten haben neue Ausläufer in der Zeit meines Besuches gebildet, leider habe ich da keine blühende Rosette gefunden. Ich habe auch keine vertrocknete Blütenstengel am Naturstandort gefunden, vielleicht blühen die Rosetten da wenig.
An dieser Stelle möchte ich noch die Vergleichung zu den Pflanzen von Sempervivum ciliosum aus Nordmazedonien erwähnen. Die Rosetten von Sempervivum ciliosum, die ich im Nordmazedonien beobachtet habe, waren um etwa ein Drittel größer. Die Rosetten von Sempervivum ciliosum aus diesem Naturstandort am Rande des Rila Gebirges sind nicht so dicht bewimpert und die Wimper sind kürzer als bei den Pflanzen aus Nordmazedonien.
Ich freue mich auf die Antworten.

LG,
Josef

Zum Naturformen-Eintrag

Zum Antworten auf den Reisebericht muss man sich hier auf  www.sempervivum-liste.de  einloggen.

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Comments

Sempernicki

Do., 04.11.2021 - 08:00

Danke für diesen Bericht, lieber Josef!

600 m ist ja nicht sehr hochgelegen.
Ich möchte mal fragen: Was war der höchste Naturstandort, den du bis jetzt finden konntest und wie weit im Tal, war der tiefste Punkt. Es interessiert mich auch sehr, wo die tiefsten Fundorte sind.
Vielleicht magst du darüber einmal etwas schreiben. Würde mich sehr freuen.

Liebe Grüße
Lydia

Sempernicki

Do., 04.11.2021 - 08:01

Hallo, liebe Lydia,

dieses Gebiet von Bulgarien gehört zu den nördlich Teil des Verbreitungsgebiets von Sempervivum ciliosum. Da wächst Sempervivum ciliosum niedriger als im Süden. Im Nordmazedonien habe ich Sempervivum ciliosum in der Höhe von 2197 Meter beobachtet. In allen Fällen verträgt Sempervivum ciliosum nicht die Nässe für lange Zeit.

Der höchste Naturstandort, am den ich Hauswurz beobachtet habe liegt in der Türkei in dem Gebirge Kackar Daglari bei dem See Büyükdeniz Gölu in der Höhe von 2913 Meter.
Der tiefste Naturstandort liegt in Rumänien über der Donau über der Straße nach Ilovita (nah von Orsova) in der Höhe von 90 Meter.

LG,
Josef

Sempernicki

Do., 04.11.2021 - 08:01

Hallo, lieber Josef,

da ich gerade nicht in unsere Hauptseite komme, möchte ich mich schon mal hier bedanken. Den Eintrag ins Naturlexikon erstelle ich dann später, wenn die Seite wieder erreichbar ist.
S. ciliosum-Rosetten mag ich ganz besonders - lieber als S. arachnoideum, warum weiß ich nicht.

Danke für den Reisebericht und die schönen Bilder

Die Höhenangaben in deiner Antwort finde ich auch sehr interessant.

Liebe Grüße

Veronika

Sempernicki

Do., 04.11.2021 - 08:03

Hallo Josef,
herzlichen Dank für die genaue und schnelle Antwort.
Kann man daraus schließen, dass das auch mit den Temperaturen in den unterschiedlichen Regionen zu tun hat? Im Süden ist es ja meist um einiges heißer, da wandern die Semperviva höher hinauf. In kühleren Gegenden breiten sie sich weiter in die Täler aus? Oder kann man diesen Schluss nicht so ohne weiteres ziehen?
Hast du vielleicht auch darüber Aufzeichnungen?
Hast du an den Naturstandorten eine "Temperaturgrenze" für Semperviva beobachtet, was Hitze und Kälte betrifft? Diese Frage interessiert mich brennend. Vielleicht findest du nochmal Zeit, etwas dazu zu schreiben, würde mich sehr freuen.

Liebe Grüße
Lydia

Sempernicki

Do., 04.11.2021 - 08:06

Hallo zusammen,

es freut mich, dass der Reisebericht über einen Naturstandort von Sempervivum ciliosum allen so gefällt.

Der Name für den Eintrag
Vielleicht wäre es besser diesen Naturstandort "östlich von dem Städtchen Rila" weiter zu erwähnen. Den Namen "Krasto" habe ich in der bulgarischen touristischen Landkarte gefunden. In der Landkarte steht den Namen gleich bei den Felsen, die markant sind und die gleich über dem Tal über der Straße emporragen. In den Landkarten von Google steht "Sanctuary Krasta (The Cross)" .


Die Antwort für Lydia erstelle ich morgen (hoffe ich) - nur ein paar Sätze finde ich wenig für die Antwort auf diese Fragen.

LG,
Josef

Sempernicki

Do., 04.11.2021 - 08:09

Hallo, liebe Lydia,

Die Antwort auf diese Fragen ist nicht einfach und auch nicht eindeutig.
Zuerst finde ich nötig ein paar allgemeinen Informationen über Hauswurz zu erwähnen. Die Pflanzen der Gattungen Sempervivum und Jovibarba gehören zu den Sukkulenten, diese Pflanzen können in den Pflanzenkörpern Wasser ansammeln und eine Periode der Dürre und ungüstigen Bedingungen überleben. Die Pflanzenkörper von Hauswurz sind auch an die Naturstandorte mit extremen Bedingungen wirklich gut angepasst – die Pflanzen bilden Rosetten, die Rosetten sind verflacht und niedrig, die Rosettenblätter sind dick, dicht beieinander, können in der Zeit der ungünstigen Bedingungen die Mitte der Rosette schützen. Zu den Anpassungen gehört sicher auch die Vermehrung durch Ausläufer. Diese Anpassungen haben auch Nachteile – Hauswurz können in der Konkurenz der schnell und hoch wachsenden Pflanzen nicht wachsen – z. B. im Gras, oder wenn die Naturstandorte stark beschattet werden.
Die Naturstandorte der Hauswurz sind auch extrem – es handelt oft um Steine, große Steine, Felsen, Felswänden, Felsspalten, oder auch die Sandböden. Da wachsen sie immer an den Orten, wo warm ist – oft an südlich, südwestlich oder südöstlich orientierten Teilen dieser Naturstandorte. Diese Orte sind in meisten Fällen gut belichtet, oft auch vor dem Wind geschützt.
Die Naturstandorte der Hauswurz befinden sich von der Meeresküste bis hoch in den Bergen. Fast am Meeresstrand wachsen die Hauswurz in Lettland (Meereshöhe etwa 10 Meter), die höchst gelegenen Naturstandorte von Hauswurz befinden sich in der Höhe von fast 3200 Meter (laut Angaben in der Literatur). Das Verbreitungsgebiet von Hauswurz in auch ziemlich ausgedehnt – die Pflanzen der Gattungen Sempervivum und Jovibarba wachsen vor allem im Europa, weiter auch in Afrika im Gebirge Atlas, weiter in Asien – in der Türkei, in Iran, in Armenien und auch in den kaukasischen Ländern. Die nördlichsten Naturstandorte von Hauswurz gibt es in Russland bei Sankt Petersburg (Jovibarba globifera), die östlichsten Naturstandorte befinden sich teilweise in Russland (Jovibarba globifera, Sempervivum ruthenicum) in den Ebenen, teilweise in Kaukasus (mehrere Arten – wegen wenige Kenntnisse der kaukasischen Arten erwähne ich hier die Arten nicht) und vor allem in Iran (Sempervivum iranicum). Die südlichsten Naturstandorte befinden sich in Marokko (Sempervivum atlanticum), vielleicht die Naturstandorte von Sempervivum atlanticum gehören auch zu den westlichsten Naturstandorten von Hauswurz allgemein. Ziemlich weit in Westen wachsen auch die Hauswurz in Nordwesten von Spanien (Sempervivum cantabricum).
Jede Art von Hauswurz besiedelt ein eigenes Verbreitungsgebiet. Einige Arten wachsen an den Naturstandorten, wo wirklich sehr warm ist – z. B. Sempervivum staintonii in der Türkei oder einige Naturstandorte von Sempervivum ciliosum (siehe meine Naturstandorte über Sempervivum klepa hier im Forum). Naturstandorte einiger Arten gibt es dann an den wirklich kalten Orten – es handelt um die Naturstandorte z. B. von Sempervivum montanum, Sempervivum stiriacum, Sempervivum armenum, Sempervivum ekimii, für die Naturstandorte von Hauswurz um den Berg Elbrus gilt das Gleiche. Allgemein kann also nicht eindeutig gesagt werden, dass im Süden Hauswurz höher wachsen. Sempervivum staintonii habe ich in der Türkei in der Höhe von 624 Meter beobachtet (bei Yusufeli, Türkei), in Türkei habe ich Hauswurz auch in der Höhe von 394 Meter beobachtet. Die Naturstandorte, die sich im Süden befinden, sind stark durch den Bedingungen in dem bestimmten Gebiet beeinflusst. Für die Naturstandorte in dem nördlichen Teil des Verbreitungsgebiets von Hauswurz gilt es trotzdem, dass da die Hauswurz niedriger wachsen.
Für die Kultur der botanischen natürlichen Arten bei uns in den Sammlungen finde ich die Kenntnisse über dem Naturstandort sehr wichtig, zu den wichtigsten Informationen gehören die Informationen über den Niederschlägen am Naturstandort (wie viel und wann im Laufe des Jahres). Zwei Beispiele dazu. Sempervivum marmoreum var. dinaricum ist auf lange dauernde Nässe empfindlich, wenn die Erde im Topf in Kultur lange nass ist, dann faulen die Pflanzen leicht. Warum? Sempervivum marmoreum var. dinaricum wächst in den Gebirgen auf Balkan, diese Gebirge befinden sich nah des Meeres, das Klima in den Bergen wird durch Meer stark beeinflusst. Es regnet da in der ersten Hälfte Frühlings, dann im Herbst, im Sommer sehr wenig. Die Pflanzen wachsen in meisten Fällen auch auf Kalkstein, Wasser ist an diesen Orten auch nach dem Regen bald weg. Weiteres Beispiel - Sempervivum staintonii – diese Art wächst in der Türkei, Provinz Artvin, die Naturstandorte befinden sich in den Tälern hinter den Bergen (wenn wir uns von Norden anschauen). Die Niederschläge von dem Schwarzen Meer werden durch die Berg gestoppt, hinter den Bergen regnet wenig. Die Naturstandorte von Sempervivum staintonii befinden sich in den Tälern, es ist sehr warm und sonnig da. In der Kultur ist Sempervivum staintonii auch sehr empfindlich auf die dauernde Nässe. Zu den empfindlichen Arten gehört auch Sempervivum ciliosum, oder Sempervivum octopodes, wenn diese Pflanzen in einem gut durchlässigem Substrat wachsen und in der Sammlung möglichst viel Licht bekommen, dann wachsen diese Arten auch in der Kultur ohne Probleme.
Vielleicht kann der Reisebericht oben so wirken, dass weiter in den Tälern von Rila keine Hauswurz mehr wachsen, es ist aber nicht so. Vor allem das Tal, das bei dem Städtchen Rila anfängt (oder auch endet  ) ist für uns, für Liebhaber von Hauswurz, besonders interessant. Unten in diesem Tal wächst Sempervivum ciliosum – es ist sehr warm da, es gibt auch wenige Niederschläge da. Höher in dem Tal fängt an Sempervivum leucanthum zu wachsen (etwa ab der Höhe von 660 Meter, bis die Höhe von 1500 Meter), diese Naturstandorte liegen schon weiter in dem Tal, es regnet da häufiger. An den niedriger gelegen Naturstandorten von Sempervivum leucanthum ist trotzdem ziemlich warm. Höher im Tal (und auch über dem Tal) wächst Sempervivum erythraeum (etwa ab der Höhe von 1200 Meter) und am höchsten wächst dann Jovibarba heuffelii (habe ich da Jovibarba heuffelii in der Höhe von 2375 Meter beobachtet).
Die Naturstadorte von Sempervivum ciliosum da unter dem Gebirge Rila und in der Nähe von der Stadt Sofia gehören zu den nördlichen Teil des Verbreitungsgebiets von Sempervivum ciliosum. Sempervivum ciliosum wächst oft an den Naturstandorten, an denen sehr warm ist, besiedelt da an den Rändern von Rila (oder auch Pirin) nur die Naturstandorte, an denen warm ist und an denen wenig regnet. Weiter im Tal ändert sich das Klima wegen des hohen und ausgedehnten Gebirges – es ist feuchter und kälter da. Die oberen Lagen von Rila gehören nämlich zu den kältesten Orten in Bulgarien.

Ich hoffe, dass ich deine Fragen beantwortet habe.

LG,
Josef

Sempernicki

Do., 04.11.2021 - 08:11

Lieber Josef,
vielen herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort !

Man kann in Büchern viel lesen, aber selten hat man Gelegenheit bei Jemandem, wie dir nachzufragen, der die Pflanzen wirklich persönlich an den natürlichen Standorten sucht und findet.
Deshalb freue ich mich umso mehr über deine Antwort, Ich denke, dass wir Kultivare erst verstehen, wenn wir uns mit den ursprünglichen Pflanzen beschäftigt haben. Aber das ist bei dem meisten Pflanzenarten so.
Irgendwann werde ich vielleicht auch ein paar Semperviva in freier Natur entdecken. Es gibt einen Ort in Österreich, der nicht allzu weit von meinem Heimatort entfernt ist und wo ich gelesen habe, dass Semperviva wachsen. Vielleicht kann ich dort im nächsten Jahr mal hin.
Nochmal danke, dass du dir für die Antwort so viel Zeit genommen hast.

Liebe Grüße
Lydia

Sempernicki

Do., 04.11.2021 - 08:12

Hallo, liebe Lydia,

Österreich ist eine gute Wahl für die Suche nach Naturstandorten von Hauswurz, ziemlich viele Arten wachsen da:
Jovibarba arenaria
Jovibarba hirta var. hirta
Jovibarba globifera
Sempervivum arachnoideum
Sempervivum montanum ssp. montanum
Sempervivum pittonii
Sempervivum stiriacum
Sempervivum tectorum
Sempervivum wulfenii

Viel Spaß und auch viel Glück bei der Suche!

Viele Grüße,
Josef

Titelbild
Reisebericht: Rila, Kastro